Krabbeltier mit Widerstandskraft - Gebrauchtwagen-Check des VW Beetle
SP-X/Köln. Kommt die Rede auf den VW Käfer – in den USA schon immer Beetle genannt – leuchten bei vielen Autofans die Augen. An die Begeisterung für den Sympathieträger wollte VW mit dem New Beetle (1997 bis 2010) anknüpfen, ein mittelprächtiger Flop- auch wegen Qualitätsproblemen. Die zwischen 2011 und 2018 angebotene zweite Generation machte vieles besser. Bleibt die Frage, was die TÜV-Prüfer von dem Krabbeltier halten, das in Mexiko vom Band lief.
Karosserie und Innenraum: Coupé oder Cabrio? In Deutschland stellte sich diese Frage eigentlich nicht. Dreiviertel aller Kunden orderten das ab 2013 erhältliche Cabrio. Das war auch bis zum Schluss im Angebot, das Coupé stellte VW schon 2016 hierzulande aufs Abstellgleis.
Beide Karosserievarianten sehen im Vergleich zum ersten Beetle deutlich erwachsener aus. Reminiszenzen an den Ur-Käfer sind zwar auch hier zu finden, sie wirken aber weniger verspielt als zuvor. Das Raumangebot des immer zweitürigen und 4,28 Meter langen Fahrzeugs geht in Ordnung, ein Platzwunder ist der Beetle aber nicht. Das Kofferraumvolumen des Coupés kommt auf 310 bis 905 Liter, Besitzer des Cabrios müssen sich mit bei geschlossenem Dach mit 225 Litern bescheiden. Ist das vollelektrischen Stoffdach nach hinten gefahren, schrumpft das Gepäckteil mit 145 Litern auf besseres Aktentaschenformat.
Dass der Golf VI technischer Genspender ist, sieht man dem Beetle zwar von außen nicht auf den ersten Blick an, betrachtet man aber den Innenraum, erkennt man an Instrumenten, Schaltern, Sitzen und Infotainmentsystemen die Verwandtschaft. Wichtig für Gebrauchtwageninteressenten: Die Verarbeitungsqualität stimmte anders als beim Vorgänger, im Vergleich zum Golf VI waren aber die verwendeten Materialien weniger hochwertig. Ein dezentes Facelift im Jahr 2016 änderte am Außenauftritt nur wenig: ein bisschen Stoßfänger- und Heckleuchtenkosmetik – das war’s schon.
Motoren und Antrieb: Auch beim Motorenangebot orientierte sich der Beetle an seinem Genspender. Zur Wahl standen aufgeladene Vierzylinder-Aggregate, darunter Benziner und Selbstzünder. Benziner-Suchende haben die Wahl zwischen dem 1,2-Liter-Einstiegs-Otto mit 77 kW/105 PS (erhältlich bis Ende 2014) und dem aus dem Golf GTI bekannten 2.0 TSI mit 147 kW/200 PS, später mit 155 kW/210 PS und ab 2014 sogar mit 162 kW/220 PS. Antriebstechnisch dazwischen lag noch ein 1,4-Liter mit 118 kW/160 PS (seit 2014: 110 kW/150 PS). Die Kraftübertragung an die Vorderräder erfolgte ab Werk über ein manuelles Sechsganggetriebe, alternativ stand ein Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe (DSG) für die 1.2er und 1.4er zur Wahl, beziehungsweise ein Sechsgang-DSG für den 2.0er. Die Normverbräuche liegen zwischen 5,3 und 7,8 Litern.
Ebenfalls nur bis Ende 2014 war der 1,6-Liter-Einstiegsdiesel mit 77 kW/105 erhältlich. Den Zweiliter-Selbstzünder gab es zunächst mit 103 kW/140 PS. Seit 2014 war mit 81 kW/110 PS und 110 kW/150 PS verfügbar. Die durch den Diesel-Skandal bekannten Selbstzünder verbrauchen durchschnittlich zwischen 4,1 und 5,6 Liter.
Bis auf den 105 PS-Diesel sorgt immer ein manuelles Sechsganggetriebe für die Kraftübertragung. Beim kleinen Selbstzünder kommt eine Fünfgangschaltung zum Einsatz. Alternativ offerieret VW wie bei den Benzinern DSG mit sechs oder sieben Gängen.
Ausstattung und Sicherheit: Zunächst hatten Kunden die Wahl zwischen den drei Ausstattungslinien „Beetle“, „Design“ und „Sport“, mit dem Facelift kamen die Komfortniveaus „Dune“ und „Denim“. Gebrauchtwageninteressenten müssen genau hinschauen. Grundsätzlich gab es für den Beetle fast alles, was VW an Ausstattungsdetails im Angebot hatte. Allerdings ließen die Ausstattungslinien viel Luft nach oben. Klimaanlage in der Basisvariante „Beetle“? Mitnichten. Konnte aber dazugebucht werden. Ähnliches gilt auch für die höheren Linien. Klimaautomatik, Navigation, Bluetooth-Freisprecheinrichtung oder ein schlüsselloses Schließ- und Parksystem mussten als Extra dazugebucht werden genauso wie schicke Lacktöne oder Rallyestreifen. Beim NCAP-Crashtest erreichte der Beetle 2011 fünf Sterne. Mit dem Facelift kamen auch weitere Assistenzsysteme wie Totwinkelwarner und Ausparkhelfer zum Einsatz. Außerdem gab es ab dann eine Smartphone-Einbindung ins Infotainmentsystem mittels Apple und Android.
Qualität: VW hatte aus den Fehlern beim New Beetle gelernt und die Produktionsabläufe im mexikanischen VW-Werk verbessert. Mit Erfolg: Die Zahl der mängelfreien Beetle-Modelle bei den TÜV-Hauptuntersuchungen (HU) liegt im Vergleich zu anderen Fahrzeugen in diesen Altersklassen leicht über dem Schnitt. Bei älteren Fahrzeugen sollte man aber die Achsaufhängung genauer inspizieren. Auch der Funktion der Fußbremse gilt ein kritischer Blick. Die Beleuchtungsanlage ist ebenfalls nicht immer fehlerfrei. Wer sich für den 1.2 TSI entscheidet, sollte die Steuerketten-Problematik im Auge haben. Wer einen Diesel will, sollte dringend überprüfen, ob die mit Manipulationssoftware belasteten 1,6- und 2,0-Liter-Dieselmotoren (EA 189) in der Werkstatt nachgebessert wurden.
Fazit: Schon der Einstiegspreis war 2011 mit rund 17.000 Euro hoch. Für das Cabrio verlangte VW zudem 4.400 Euro Aufpreis. Es verwundert daher nicht, dass die Gebrauchtwagenpreise sich auf hohem Niveau bewegen. Mindestens 6.500 Euro muss man für ein älteres Coupé investieren. Soll es ein Cabrio sein, werden mindestens 12.000 Euro aufgerufen.
Schreibe einen Kommentar