Ich glaub mich laust der Affe - Richard Rawlings und seine Gas Monkey Garage
Gegen ihn sind Magnus Walker, die Jungs von Pimp my Ride und auch JP Krämer nur bessere Hinterhof-Schrauber. Denn Richard Rawlings hat es mit seiner Gas Monkey Garage, der TV-Show Fast & Loud und geschickter Selbstvermarktung von Dallas aus zu einem Weltstar im PS-Zirkus gebracht. Dabei verdient er sein Geld gar nicht mehr mit Autos.
SP-X/Dallas/USA. Ist es Benzin oder Bier, was das in seinen Adern fließt? So genau weiß man das bei Richard Rawlings nie. Denn während die 53jährige Kreuzung aus Entrepreneur und Outlaw im gebügelten T-Shirt über den tätowierten Oberarmen durch die klimatisierte Halle mit seinen Hot-Rods führt, greift sich die Hand mit den Totenkopfringen ständig eine neue Dose Bud Light aus den allgegenwärtigen Kühlschränken und immer wieder unterbricht ein Zischen den ansonsten unaufhaltsamen Redefluss, wenn er die Büchse aufreißt.
Aber seine Stimme will geölt werden, denn die ist sein Kapital. Schließlich ist der ehemalige Polizist und Feuerwehrmann als Moderator berühmt geworden in der Motorszene und hat es mit seiner Sendung Fast & Loud übers internationale Kabelfernsehen und das Internet-Streaming bis in die Wohnstuben im hintersten Winkel der Welt geschafft. Egal ob in Minneapolis, München, Madrid, Manila oder am Mekong – überall kennt man den König der US-Tuner.
Entstanden sind die Sendungen, genau wie die Youtube-Videos, alle in der Gas Monkey Garage, seinem Hauptquartier zwischen Fort Worth und Dallas. Mitten in einem lustlosen Gewerbegebiet hat er ein PS-Paradies gebaut, zu dem neben der Werkstatt und der privaten Autosammlung zumindest bis vor Corona auch noch eine Kneipe und ein Souvenirshop gehört, groß wie ein Jeansladen auf der Fußgängerzone. Dort gibt’s Dutzende verschiedener Shirts mit seinem Logo, Biker- und Schrauber-Klamotten und alles, was de modebewusste Mechaniker sonst noch so brauchen kann.
Zwar verabscheut Rawlings alles, was mit Kalifornien zu tun hat, ist nie dem Ruf des Geldes an den Nabel der amerikanischen Automobil- und Unterhaltungskultur gefolgt. Weiter als 50 Meilen um seinen Heimatort hat es ihn außer bei Dienst- und Urlaubsreisen noch nicht verschlagen. Doch an dem bei den Kaliforniern von ihm so sehr kritisierten Geschäftssinn mangelt es auch Rawlings nicht.
Im Gegenteil hat er die Gas Monkey Garage so professionell aufgezogen, dass daraus längst ein ganzes Imperium geworden ist, in dem Autos nur noch Mittel zum Zweck sind. Viele hundert Millionen seines üppigen Umsatzes macht er mit den Klamotten, die er weltweit versendet und er hat eigene Restaurants in Las Vegas, Dubai und Tokio. Genau wie es bei den großen Fernsehkochs längst nicht mehr ums Kochen geht, greift er ganz offensichtlich auch nicht mehr so oft zum Schraubenschlüssel.
Natürlich hängt er an seinen Autos, von denen mehr als drei Dutzend auf Hochglanz poliert in seinem privaten Spielzimmer, der Halle hinter der Werkstatt auf die nächste Ausfahrt warten. Doch wie viel wichtiger ihm der Umsatz ist, zeigt seine jüngste Marketing-Aktion. Um das Geschäft nach der Pandemie anzukurbeln und zugleich seine Zentrale zu bewerben, gibt’s für jeden Dollar, den die Kunden in seinem Webshop oder hier in Dallas ausgeben, ein Los. „Einmal im Monat ziehen wir einen Gewinner, laden den hier zu uns ein und er darf sich eines meiner Autos mit nach Hause nehmen. Egal welches,“ gibt Rawlings das Marketing-Genie.
Seinen vierrädrigen Lieblingen weint er dabei keine Träne hinterher: „Wenn eines weg ist, kann ich es ja wieder neu bauen“, sagt Gas-Affe. Genau wie das aufgebockte Mustang Cabrio, mit dem Pierce Brosnan in der Thomas Crown Affäre unterwegs war. Eigentlich für einen Freund auf die Räder gestellt hat, hat ihm der grüne Offroad-Mustang so gut gefallen, dass er sich selbst gleich noch einen gebaut hat und damit jetzt am liebsten unterwegs ist. Wenn er nicht gerade seinen Rolls-Royce Wraith nimmt oder den Porsche Panamera, der neu in der Halle steht.
Aber man darf sich von der Fassade des erfolgreichen Medien- und Merchandising-Unternehmers nicht blenden lassen. Denn natürlich kocht nach wie vor auch reichlich Benzin in Rawlings Adern – selbst, wenn er nicht mehr wie in guten Zeiten 100 Klassiker im Monat umschlägt. Doch vier, fünf Autos stehen eigentlich immer auf seinen Hebebühnen und ein Projekt im Monat ist für ihn Pflicht.
Dabei ist Rawlings allerdings keineswegs wählerisch. Ja, sein Herz schlägt für amerikanische Musclecars, die er wahlweise originalgetreu restauriert oder nach den neusten Trends zu Restomods aufmotzt. Aber in seiner Werkstatt parken auch ein Jaguar E-Type und ein Lamborghini, der noch ziemlich viel Arbeit machen dürfte.
Und am allerliebsten denkt Rawlings zurück an die verrückte Zeit, in der er einen Ferrari F40 repariert hat. Der war nach einem Unfall so kaputt, dass Ferrari ihn erst gar nicht mehr wieder aufbauen wollte. Als der Kunde protestiert hat, haben die Italiener zwar klein beigegeben, wollten den Wagen aber nach Maranello geschickt bekommen und hatten für die Arbeit mehrere Jahre veranschlagt. Rawlings dagegen hat sich 30 Tage gegeben und sich auch nicht von den Drohbriefen aus Italien bremsen lassen. Selbst das Ersatzteil-Embargo der Italiener konnte er umgehen und brauchte am Ende 32 Tage, bis der schwarze Wagen wie frisch aus der Fabrik von der Bühne rollte. „Und natürlich waren wir nicht nur beinahe pünktlich fertig, sondern unser Auto war besser, als jeder Neuwagen aus Maranello“, erinnert sich Rawlings und reißt aus Freude schnell noch eine Büchse Bud auf.
Selbst mit dem Trend zum Elektroauto hat der Schrauber keine Probleme. Nicht dass er die Batterie für die Antwort auf all unsere Klimasorgen halten würde, doch technisch fasziniert ihn die E-Mobilität und fahrerisch natürlich erst recht. Deshalb wurde er lieber heute als morgen ein Akkuauto aufbrezeln. Wenn es nur eine Firma gäbe, die daran Interesse habe. „Aber bei der großen Nachfrage und den langen Lieferfristen brauchen Tesla & Co alles, nur keine Publicity,“ klagt er, lässt wieder den Geschäftsmann durchblicken und greift aus Frust gleich wieder in den Kühlschrank. Wenn es also nicht unbedingt Benzin sein muss, dann soll wenigsten weiter Bier durch seine Adern fließen.
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