Gebrauchtwagen-Check - Fiat 500
Wer ein Auto rational betrachtet, sollte die Finger von einem gebrauchten Fiat 500 lassen. Emotionalere Naturen können einen Blick riskieren – sollten aber um die Risiken wissen.
SP-X/Köln. Seit mittlerweile fast 15 Jahren Jahren verdreht der Fiat 500 nicht nur Großstadt-Frauen die Köpfe. Den südländischen Charme des kleinen Italieners können auch die so leidigen wie notorischen Qualitätsprobleme nicht dauerhaft trüben. Wer sich ein gebrauchtes Exemplar zulegen will, sollte Geld für die Werkstatt in der Hinterhand behalten.
Karosserie und Innenraum: Der kleinste Fiat will eher schön als praktisch sein. Anders als etwa der technisch eng verwandte, aber geräumigere Fiat Panda ist er ausschließlich als Zweitürer zu haben. Was aber nichts ausmacht, denn die hinteren Sitze sind Erwachsenen sowieso nur im Notfall zuzumuten. Insgesamt ist das Raumangebot auf 3,55 Metern Länge recht begrenzt, im Gegenzug ist das Parken auch in engen Innenstädten kein Problem, wobei der Wendekreis des Kleinstwagens überraschend groß ausfällt und die Übersichtlichkeit der Karosserie zu wünschen übrig lässt. Neben der als „Coupé“ angebotenen geschlossenen Variante gibt es den 500er auch als Cabrio. Wobei diese Bezeichnung ein wenig übertrieben ist, bietet der 500C doch eher ein vergrößertes Stoff-Rolldach. Dachholme und –säule bleiben auch bei offener Fahrt stehen. Trotzdem macht das Cabrio mehr Spaß und passt zudem besonders gut zum Lifestyle-Charakter des kleinen Fiat.
Motor und Fahrwerk: Der Retro-Fiat ist ein Auto für die Boulevards. Lange Touren oder gar Schnellstrecken sind nicht das Revier des Kleinstwagens. Entsprechend schmalbrüstig sind die meisten Triebwerke: Wer die City gar nicht verlässt, ist auch mit dem 51 kW/69 PS starken 1,2-Liter-Basisenziner ausreichend bedient. Da es sich um einen Vierzylinder handelt, ist das Geräuschniveau auch im Cabrio akzeptabel. Wer höhere Leistungsansprüche stellt, findet sie beim 1,4-Liter-Benzinern mit 74 kW/100 PS. Seit 2010 ist zudem ein 0,9-Liter-Zweizylinderturbo mit innovativem elektrohydraulischen Ventiltrieb im Programm, den es mit 63 kW/85 PS und 77 kW/105 PS sowie als Erdgasmotor gibt. Den Mini-Motoren fehlt es allerdings an Elastizität und Laufkultur, während die mögliche Ersparnis an der Zapfsäule gering ausfällt. Außerdem gibt es die leistungsgesteigerten Abarth-Varianten mit bis zu 140 kW/190 PS für den rasanten Ampelstart, die aber mehr niedliche Sammlerstücke als echte Sportwagen sind. Dazu kommen 1,3-Liter-Diesel mit bis zu 70 kW/95 PS, die sich angesichts der eher geringen Kilometerleistungen finanziell kaum rentieren. Interessanter für Sparfüchse ist der elektrische Fiat 500e, der in Deutschland allerdings nie offiziell angeboten wurde, sich als importierter Gebrauchter unter E-Auto-Fans aber großer Beliebtheit erfreut.
Ausstattung und Sicherheit: Der Fiat 500 war immer als schickes Lifestyle-Auto, nie als Sparmodell für geringe Ansprüche, positioniert. Die Kunden akzeptierten das und orderten häufig auch noch ordentlich Sonderausstattung. Entsprechend gut sind die meisten Gebrauchten bestückt. Immer an Bord sind bei deutschen Modellen neben Radio und Fensterheber unter anderem sieben Airbags – in dieser Klasse eher ungewöhnlich. Der Schleuderschutz ESP ist allerdings nicht in allen Varianten an Bord. Beim EuroNCAP-Crashtest reichte es 2007 trotzdem zu vollen fünf Sternen, womit der Fiat der erste Kleinstwagen mit dieser Wertung war. Neben den unterschiedlichen Ausstattungsversionen gab es über die Jahre auch eine unübersichtliche Flut an Sondermodellen, die in der Regel mit besonderen Lackierungen oder Zierteilen aufwarteten. Im Lieferprogramm finden sich zudem Extras, die man eher aus großen Klassen kennt, etwa ein Glasdach oder Xenon-Licht.
Qualität: Gute Aussehen lässt nicht immer auf innere Schönheit schließen. Der Fiat 500 ist ein Paradebeispiel dafür, wie ein Blick in die TÜV-Statistik zeigt, die selbst für junge Baujahre zahlreiche Probleme aufweist. Das Fahrwerk ist auch für den City-Betrieb zu schwach ausgelegt, Bremsen und Abgasanlage leiden unter dem Kurzstreckenverkehr und der Motor verliert zu viel Öl. Nach sechs bis sieben Jahren fällt jedes fünfte Auto durch die Prüfung, zwei Jahre später ist es schon jedes vierte. Relativ problemlos ist immerhin die Lenkung. Und auch Rost an tragenden Teilen tritt entgegen gängiger Vorurteile kaum auf; dafür gammeln allerdings Auspufftopf und Türkanten weit vor ihrer Zeit. Insgesamt leidet der Italiener stark unter dem stressigen Kurzstreckenbetrieb in der Stadt. Erste Wahl für Käufer sind vor diesem Hintergrund Garagenwagen, die eher im Freizeiteinsatz am Wochenende genutzt wurden – gerade bei Cabrios keine allzu seltene Kombination.
Fazit: Der Fiat 500 ist ein Auto zum Liebhaben. Und eines für Liebhaber, denn um die zahlreichen Schwächen und Fehler zu übersehen, braucht es tatsächlich eine rosarote Brille. Außer den mindestens 3.000 Euro für ein gebrauchtes Exemplar sollte bei Interessenten ein üppigeres Reparaturbudget vorhanden sein.
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