Auch das E-Auto muss sauber werden - Abgasnorm Euro 7
E-Autos emittieren keine Verbrennungs-Schadstoffe. An einer anderen Form der Umweltverschmutzung sind sie aber durchaus beteiligt. Die neuen Abgasregeln der EU nimmt diese nun ins Visier.
SP-X/Köln. Die bisherigen Abgasnormen waren für E-Autos nahezu irrelevant. Wenn wie geplant 2025 Euro 7 in Kraft tritt, sind aber auch Batterie-Fahrzeuge betroffen. Vor allem die Feinstaub-Grenzwerte könnten ihnen Probleme bereiten.
Weil E-Autos lokal emissionsfrei fahren, spielen große Teile der Abgasnorm-Grenzwerte für sie keine Rolle. Weder die teilweise verschärften Limits für Stickoxide, noch die für Kohlenmonoxid oder Kohlenwasserstoffe sind auf Batterieautos anwendbar, einfach weil ihnen der Auspuff fehlt. Eventuelle Emissionen bei der Stromerzeugung lassen sich einzelnen Fahrzeugen nicht zurechnen. Der klimawirksame Schadstoff CO2 spielt in der europäischen Abgas-Regulierung gar keine Rolle. Er soll auf EU-Ebene mit Hilfe des Flottengrenzwert bekämpft werden. Bei der Abgasnorm hingegen geht es nicht um die Erderwärmung, sondern um die Luftqualität.
Neben den klassischen gasförmigen Verbrennungsprodukten spielen beim Kampf um gesunde Luft auch schon seit der Euro-5-Einführung im Jahr 2009 Feinstaubpartikel eine Rolle. Bislang wurden aber vor allem die Teilchen berücksichtigt, die in Form von Ruß beim Verfeuern von Kohlenwasserstoffen entstehen. Bei Euro 7 werden nun erstmals auch Bremsstaub sowie Gummiabrieb von Reifen gemessen und bewertet. Im E-Auto fällt beides an.
Beim Reifenabrieb haben E-Autos sogar prinzipbedingte Nachteile gegenüber Verbrennermodellen, weil sie aufgrund der Batterie deutlich schwerer sind. Und hohes Gewicht sorgt für mehr Reibung zwischen Gummi und Straße. Auch beim Bremsen wirken die Kilos negativ; weil das E-Autos aber in 90 Prozent der Fälle mit dem Rekuperationsmotor verzögert, dürfte das in der Praxis keine entscheidende Rolle spielen. Zudem verfügen viele E-Mobile nicht über gewöhnliche, offene Scheibenbremsen, sondern über Trommelbremsen mit Gehäuse, in dem sich der Abriebstaub zunächst sammelt.
Die Industrie arbeitet schon seit Jahren daran, des Bremsstaubs Herr zu werden. Weil bislang die Regulierung fehlte, hat es die Technik aber noch kaum ins Fahrzeug geschafft. Das französische Unternehmen Tallano etwa hat Bremsbeläge mit einem Absaugkanal entwickelt, der über einen Schlauch mit einem Ministaubsauger im Motorraum verbunden ist. Bis 90 Prozent des Bremsstaubs soll so absorbiert werden. Einen anderen Weg beschreitet der deutsche Bremsscheibenhersteller Buderus Guss, der normale Grauguss-Bremsscheiben mit einer Hartmetallschicht und optional Titancarbid versieht. Die so entstandene Oberfläche ist sehr hart und damit besonders abriebfest. 80 bis 90 Prozent weniger Feinstaubemissionen sollen dadurch anfallen.
Filterspezialist Mann+Hummel hingegen hat ein passives Filtersystem entwickelt, bei dem sich die Feinstäube in einem Gehäuse an der Oberseite der Scheibenbremse sammeln. Und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt schließlich schlägt eine Ölbad-Lagerung der Bremsscheiben vor. Das geschlossene System soll den Abrieb zu sogar 100 Prozent herausfiltern.
Schwieriger zu lösen ist die Frage des Reifenabriebs. Streng genommen setzt sich der zumindest außerhalb des Labors aus Substanzen des Reifens und der Fahrbahn zusammen, ist also keine sortenreine Partikelmasse. Bei der Verringerung der Emissionen kommt es trotzdem in erster Linie auf die Reifen-Hersteller an. Laut Tests des ADAC gibt es große Unterschiede zwischen den einzelnen Marken. Vor allem Michelin und Goodyear überzeugen mit Reifen-Rezepturen, die wenig Abrieb zulassen. Die Kunst bei der Optimierung hin zu weniger Abrieb ist, andere Reifeneigenschaften wie Sicherheit und Performance bei der Verringerung des Verschleißes nicht zu vernachlässigen.
Über das Finden neuer Mischungen hinaus sind die Lösungsansätze begrenzt: Überlegungen, die Gullis am Straßenrand mit Filtern zu versehen, sind im vergangenen Jahrzehnt diskutiert, aus Kostengründen aber schnell wieder ad acta gelegt worden. Innerhalb der Euro-7-Logik würden solche Systeme auch keinen Einfluss haben, da sie die Emissionen am Fahrzeugreifen nicht verringern.
Aktuell sind beim Brems- und Gummi-Abrieb aber noch viele Fragen offen. So stehen weder alle Grenzwerte fest, noch ist vollkommen klar, wie gemessen werden soll. In der Fahrzeugentwicklung sind Abkapselungen für Radhäuser gebräuchlich, die auch bei der Euro-7-Labormessung zum Einsatz kommen könnten. Alternativ können Absaugvorrichtungen zum Einsatz kommen. Der Reifenabrieb lässt sich durch Prüfstandtests oder im realen Straßenverkehr ermitteln und hochrechnen.
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